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Queer im Rheinland – zwischen Akzeptanz und Tradition

Das Rheinland gilt seit vielen Jahren für die LGBTQ+ – Szene als sicherer Raum zur Entfaltung. Doch wie sieht es aus persönlicher Sicht und Erfahrung aus? Wir haben mit Barbara ein Interview geführt, welche seit vielen Jahren in Köln lebt und dort auch ihre Lebenspartnerin gefunden hat. Barbara und ihre Frau sind mittlerweile verheiratet und genießen das Leben gemeinsam. Doch wie gestaltet sich das Leben im Schatten des Doms?

Barbara und Eva: Ein ganz normales Paar in Köln

Barbara und Eva sind ein Paar Anfang 40 und leben und arbeiten beide in Köln in unterschiedlichen Bereichen. Sie sind seit rund vier Jahren ein paar und haben in diesem Frühling geheiratet. Wir haben sie im Rahmen unseres Interviews gefragt, wie sie sich kennengelernt haben, wie die Akzeptanz im Alltag sich gestaltet und was die Beiden sich von ihrer Zukunft im Rheinland erwarten. Auch wenn die aktuelle Situation gut erscheint, machen sich beide Frauen starke Sorgen um die Zukunft.

Untypisches Kennenlernen über Kleinanzeigen

Barbara und Eva haben sich ganz zu Beginn der Pandemie kennengelernt. Beide waren zu der Zeit seit längerer Zeit Single und auf der Suche nach neuen Kontakten. Obwohl es online viele Möglichkeiten der Kontaktsuche für Lesben gäbe, haben sie sich allerdings für die Kontaktanzeige in einem Anzeigeblatt entschieden. Eigentlich ein traditioneller Weg, welcher allerdings seit einiger Zeit aus der Mode gekommen zu sein scheint. Doch als Barbara Evas Anzeige las, fühlte sie sich sofort angesprochen und hat bereits am nächsten Tag geschrieben.

Die Kontaktaufnahme gelang und zunächst einmal tauschte man sich per Brief, dann per Mail und per Messenger aus. Als Beiden klar war, dass die Chemie stimmte, wurden Telefonnummern ausgetauscht und es begannen Nächte voller intensiver Gespräche. Vor allem während des ersten Lockdowns wuchs die telefonische Nähe immer weiter. Beinahe typisch für lesbische Beziehungen zogen die beiden Frauen kurz darauf bereits zusammen. Niemand konnte damals ahnen, welche Beständigkeit diese Beziehung haben sollte. Jetzt, rund vier Jahre später, sind die beiden Frauen miteinander verheiratet und führen ein gemeinsames Leben in Köln.

Freundliche Vermieter mit offener Akzeptanz

Als beide Frauen zusammenzogen, wurde schnell klar, dass eine größere Wohnung benötigt wird. Obwohl die Wohnungssuche im Rheinland nicht einfach ist, waren weder das Geschlecht noch die sexuelle Orientierung ein Hindernis für viele Vermieter. So konnten die beiden Frauen innerhalb kürzester Zeit eine neue gemeinsame Wohnung finden, in denen beide Frauen gleichermaßen im Mietvertrag eingetragen wurden. Bis heute haben sowohl Eva als auch Barbara weder bei Vermietern noch bei Ämtern Schwierigkeiten aufgrund ihrer sexuellen Orientierung erleben müssen. Das ist in vielen Teilen Deutschlands leider noch immer anders. Das Rheinland zeichnet sich hier durch eine besonders hohe Toleranz und Offenheit aus.

Eine hohe Akzeptanz im normalen Alltag

In ihrem normalen Alltag im Rheinland haben die beiden Frauen kaum mit Vorurteilen zu kämpfen. Sowohl auf der Arbeit als auch im privaten Bereich gibt es keinerlei Probleme mit der Akzeptanz als lesbisches Paar. Sicherlich trägt dazu auch bei, dass Köln bereits seit vielen Jahren als Hochburg der LGBTQ+ – Bewegung angesehen ist und eine große und gute Community besitzt. Egal, ob die beiden gemeinsam Essen gehen, Händchen-Haltend durch die Stadt spazieren oder sich in einem der vielen Parks küssen, abwertende Kommentare oder auch besonders viel Aufmerksamkeit haben beide nicht mehr zu befürchten. Das Leben im Rheinland ist für lesbische und schwule Menschen so normal, wie es nur sein kann. Doch Eva und Barbara fürchten auch, dass dies nicht auf Dauer so bleiben wird.

Die gesellschaftliche Entwicklung lässt wenig Gutes vermuten

Das Erstarken der rechtsradikalen Kräfte macht beiden Frauen Sorgen. Die gerade erst abgehaltene Europa-Wahl macht wieder einmal deutlich, dass die Akzeptanz ihres Lebens in Deutschland weiterhin gefährdet ist. Denn die LGBTQ+ – Szene wird ihr Leben nicht mehr einfach führen dürfen, wenn diese Kräfte an die Macht kommen. Auch wenn viele Freunde im Rheinland auf ihrer Seite zu sein scheinen, weiß niemand, wie es unter einer anderen Regierung aussehen wird. Aus diesem Grund machen sich auch Barbara und Eva bereits Gedanken, wie sie mit den kommenden Situationen umgehen sollen. Im Raum steht unter anderem auch eine Auswanderung in Richtung Portugal, wo Eva Familie hat und beide in ihrem ausgebildeten Beruf weiterarbeiten könnten.
Insgesamt sind beide Frauen mit ihrem Leben und ihren Lebensumständen aktuell allerdings mehr als zufrieden. Sie können sich keinen anderen Lebensmittelpunkt als das Rheinland mit seiner bestens vernetzten LGBTQ+ – Szene vorstellen. Wenn es nach den Vorstellungen von Barbara und Eva geht, möchten beide im Schatten des Doms gemeinsam alt werden und ihr Leben in aller Ruhe genießen.

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