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Journalismus ohne Grenzen: Wie Niko Schwann aus Berlin die NBA entschlüsselt

Niko Jens Schwann wurde 1980 in Düsseldorf geboren und ist heute einer der wenigen deutschsprachigen Journalisten, die mit echter Tiefe über die NBA schreiben. Von Berlin aus analysiert, kommentiert und dekonstruiert er das, was auf den Basketballplätzen zwischen Boston, Denver und Miami passiert. Dabei geht es ihm weniger um spektakuläre Dunks oder virale Highlights, sondern um die Geschichten dahinter. Es geht um Dynamiken, Spannung und Menschen.

Schwann hat in Berlin und Stockholm studiert, spricht fließend Deutsch und Englisch und ist nicht nur als Sportjournalist, sondern auch im Finanzbereich unterwegs. Dabei begeistert ihn vor allem der Basketball.

Von Berlin nach Brooklyn – im Kopf

Bei Gesprächen mit Schwann merkt man direkt, dass die NBA für ihn kein rein amerikanisches Phänomen ist. „Die Liga ist längst ein globales Produkt“, sagt er. „Ein Spieler wie Giannis Antetokounmpo kommt aus Athen, Luka Dončić aus Ljubljana, Joel Embiid aus Yaoundé. Selbst in Berlin sieht man morgens Kids mit Trikots von Stephen Curry oder Jayson Tatum rumlaufen. Das ist keine Randkultur mehr. Für mich ist das ganz klar Popkultur.“

Schwann beobachtet die Matches häufig nachts, wenn in den USA gerade zur Primetime gespielt wird. Zwischen 1 und 5 Uhr morgens notiert er sich auffällige Tendenzen. Am Tag schreibt er Texte oder führt Interviews mit Talenten, die irgendwann mal den Sprung über den Atlantik wagen wollen.

„Natürlich bin ich geografisch weit weg, aber inhaltlich bin ich mittendrin. Die Datenlage ist heute so gut, die Medienlandschaft so offen, dass man von Berlin aus genauso gut über die Sacramento Kings oder die Milwaukee Bucks schreiben kann wie aus Chicago. Das macht keinen Unterschied mehr.“

Mehr als nur Körbe

Schwanns Zugang ist nicht rein sportlich. Er sieht die NBA als Spiegel gesellschaftlicher Entwicklungen. „Ob es um Proteste während der Hymne geht, Spieler, die sich öffentlich zur Politik äußern, oder Themen wie mentale Gesundheit – all das gehört für mich zum Bild der Liga.“

Sein journalistischer Ansatz ist analytisch, aber nicht zu trocken. Wenn er über Teams schreibt, dann nicht nur in Begriffen wie „Angriffseffizienz“ oder „Umschaltverteidigung“, sondern auch mit einem feinsinnigen Blick auf Kultur, Geschichte, Identität. Warum spielt man bei den San Antonio Spurs anders als bei den Los Angeles Lakers? Warum entwickeln die Oklahoma City Thunder konsequent Talente, während man in New York Jahr für Jahr denselben Zyklus durchläuft?

„Das Spiel erklärt sich nicht nur durch Zahlen. Es erklärt sich durch Menschen, Städte, Geschichten. Das versuche ich zu zeigen. Das versuche ich zu leben.“

Nicht nur große Namen

Schwann verfolgt nicht nur die ganz großen Stars, sondern auch Rookies, aufstrebende Talente und Trainer mit Vision. Natürlich kennt er die großen Namen: LeBron James, Kevin Durant, Nikola Jokić, Jimmy Butler, Damian Lillard, Kawhi Leonard. Aber er hat auch ein Auge auf Spieler wie Tyrese Haliburton, Desmond Bane oder Chet Holmgren – Athleten, über die bisher noch wenig gesprochen wird, aber die das Spiel immer häufiger prägen.

„Man kann die NBA nicht verstehen, wenn man nur auf die Lakers oder die Celtics schaut“, sagt er. „Man muss auch die Detroit Pistons aushalten, die Utah Jazz analysieren, die Entwicklung bei den Houston Rockets erkennen. Es sind 30 Teams, und jedes davon hat seine eigene Geschichte, seine eigenen Probleme, seine eigenen Helden. Nur weil ein Team aktuell nicht konkurrenzfähig ist, heißt das keineswegs, dass es so bleiben wird. Weitreichende Veränderungen in der NBA sind gar nicht so selten.“

Zwischen System und Instinkt

Was Schwann besonders fasziniert, ist die Balance zwischen Planung und Spontanität. „Basketball ist ein Systemspiel. Aber innerhalb des Systems gibt es diese Momente, in denen ein Spieler einfach improvisiert. Manchmal passieren Dinge, mit denen niemand gerechnet hätte.“

Und genau dort sieht er seine Aufgabe: diese Zwischenräume sichtbar zu machen. Den Unterschied zwischen einem erfolgreichen Spielzug und einem wirklich bedeutenden. Zwischen Statistik und Story.

Ambitionierte Projekte für die Zukunft

Seine Texte erscheinen in deutschen und internationalen Medien. Daneben arbeitet er an einem langfristigen Projekt – einem Buch über die Internationalisierung der NBA. Der Titel noch offen, aber der Fokus steht bereits: „Wie die Liga sich zur globalen Marke entwickelt hat. Das ist kein Zufall und es geht nicht nur um Geld. Da spielen eine Menge Faktoren eine Rolle.“

Außerdem denkt er über einen Podcast nach. Mit Gästen aus Europa und den USA. Analysten, Coaches, Fans. „Ich mag das gesprochene Wort. Da ist Raum für Pausen, für Umwege, für Nachdenken. Genau wie im Spiel.“ Ein Spiel, das Niko Jens Schwann mit wachem Verstand und gespitztem Bleistift verfolgt.

Kein Fanboy, aber Fan

Fragt man ihn zum Schluss, ob er selbst Fan eines Teams ist, muss er lachen. „Früher mal die Bulls, klar. Ich meine Jordan war schon eine richtige Nummer. Dann kurz die Spurs in der Duncan-Ära. Heute? Ich mag gute Storys. Die Denver Nuggets mit Jokić. Die Heats mit ihrer Kultur. Selbst die Raptors, weil sie einfach ihren ganz eigenen Weg gehen.“

Fan ja, aber nie blind. Dafür ist er zu sehr Journalist und zu sehr Realist.

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